Das Manifest
Zur Zukunft des Tanz- und Kulturjournalismus
Professioneller Tanz- und Kulturjournalismus in Wort, Ton, Bild und Film behandelt seine Themen unter den Aspekten Aktualität, Faktizität und Relevanz. Die Ergebnisse stellt er durch seine Publikationen auf Medien für die öffentliche Kommunikation zur Verfügung.
Für diese Professionalität müssen Journalistinnen und Journalisten per definitionem mehr als die Hälfte ihrer Einkünfte aus journalistischer Arbeit erzielen oder mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit hierfür tätig sein können.
Diese Forderung lässt sich immer weniger einlösen, obwohl sich die Kunstform Tanz in Europa seit den 1980er-Jahren bemerkenswert rasant entwickelt und in unzählige Stilrichtungen verästelt hat, die nur ein spezialisierter Journalismus überblicken kann.
Journalismus ist zuerst dem Respekt vor Fakten und dem Recht der Öffentlichkeit auf Wahrheit verpflichtet. Journalismus trägt damit zur öffentlichen Meinungsbildung bei. Er wird deshalb oft als vierte Gewalt im Staat bezeichnet. Diese Aufgaben wahrzunehmen, bedarf es der Unabhängigkeit.
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Stattdessen sind immer mehr Tanzjournalisten und -journalistinnen darauf angewiesen, berufsferne Tätigkeiten auszuüben, um überleben zu können, oder Aufträge von denen anzunehmen, die sie eigentlich kritisch begleiten müssten.
Dabei müssen Journalist:innen unparteiische Beobachter:innen sein und unabhängig Kritik üben können an Werken, aber auch an kulturpolitischen Strukturen und Missständen. Sie können durch ihre Expertise aktuelles Geschehen einordnen und analysieren und fördern durch ihre Arbeit Toleranz und kulturelle Vielfalt.
Professionelle Tanzjournalistinnen und -journalisten zeichnen sich aus durch fundiertes Kontext- und historisches Hintergrundwissen. Dies entsteht durch Recherchen und vergleichendes, überregionales und internationales Sehen. Hierfür müssten sie auch reisen können, doch kaum ein Medium ist heute noch bereit, dies zu bezahlen.
Dort wo ihre Zeugnisse Einzug finden in digitale Plattformen, entstehen zeitgenössische, digitale Archive des Tanzes und der Performance. Die Journalist:innen tragen so als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen dazu bei, dass Journalismus, Wissenschaft und Archive ein wichtiges Kompetenznetzwerk bilden können.
Professioneller Kulturjournalismus generiert Relevanz weniger aus Skandalen und Polarisierungen, sondern er fördert vielmehr Kritikfähigkeit und eine differenzierte Meinungsvielfalt. Meinungsvielfalt entsteht nur aus Unabhängigkeit und Strukturen, die eine leistungsgerechte und auskömmliche Arbeit gewährleisten.
Neue Publikationsformate, die auf ein verändertes Medienverhalten reagieren, sind notwendig. Dabei steht der für eine Demokratie wichtige Aspekt einer mutigen und fairen Kritik im Mittelpunkt – als Impuls für eine gesellschaftliche Diskussion und aus einer Position der Unabhängigkeit heraus. Diese muss man sich leisten können.
Deshalb bedarf der Tanzjournalismus öffentlicher, politischer und monetärer Wertschätzung. Die dazu nötigen Strukturen sind auf Dauer weder durch das alte Verlagswesen noch den herkömmlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunk – trotz seines Kulturauftrags – gedeckt.
Deshalb rufen wir auf zu neuen, zukunftsfähigen Förderstrukturen für einen unabhängigen Kulturjournalismus.
MITTAGSGESPRÄCHE bei DANCE 2023
Wir haben gesprochen…
Das Bild von Tanz
Es war eine hochkarätige Veranstaltung von TANZ.media bei DANCE in München am 18.Mai im HochX – Hier finden Sie unsere Dokumentation.
DAS WAREN DIE FRAGEN:
Welches Image hat der Tanz? Und wie entsteht es? Durch eigene Erfahrungen? Durch Plakatwerbung, Videos, Fotografien? In lockerer Gesprächsatmosphäre lädt der Verein TANZ.media e.V. gemeinsam mit dem Festival DANCE zu einem Apéro mit Gästen, die davon leben, professionell unser Bild vom Tanz mitzugestalten: Tanzfotograf*innen wie Rosa Frank und Dieter Hartwig, Tanzfilmer*innen wie Klaus Dilger, Vertreter*innen des Ballettmarketings wie Martina Zimmermann vom Bayerischen Staatsballett, Tanzjournalist*nnen wie Melanie Suchy, Elisabeth Nehring, Rico Stehfest oder Arnd Wesemann, Tanzkünstler*innen wie Moritz Ostruschnjak und Wissenschaftler*innen wie Dr. Isa Wortelkamp und Dorte Lena Eilers; und Dr. Paul Klimpel, ein auf Medienrecht spezialisierter Jurist. Denn auch diese Frage gehört dazu: Wem gehört das Recht am Bild vom Tanz? Der- oder demjenigen, die ihn fotografiert? Denjenigen, die abgebildet werden? Welcher Kampf tobt hinter den Kulissen, um uns genau das Bild vom Tanz zu zeigen, das uns ins Theater lockt?
Unterstützt durch DIEHL+RITTER/TANZPAKT RECONNECT, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen der Initiative NEUSTART KULTUR. Hilfsprogramm Tanz