Bremen – Workshop #6: Tanz und Audiodeskription
Autor|in: Klaus Dilger
Veröffentlichung: 5. Oktober 2022

DER WORKSHOP FINDET VOM 25. BIS 27.11. IN BREMEN STATT

in Kooperation mit der VS-Regionalgruppe Bremen und der Compagnie Of Curious Nature

Workshopleiter:   Bernd Hettlage (sehend) und Melanie Hambrecht (nicht sehend) –

mit Beteiligung von Mitgliedern der Compagnie “OCN – Of Curious Nature” und deren künstlerischem Leiter, Helge Letonja

Workshop-Zeiten: Freitag, 13.00 bis ca. 22.00 Uhr  inklusive Tastführung und Abendveranstaltung / Samstag: 10 – 18 Uhr / Sonntag: 10 -15 Uhr

Ort: Presseclub Bremen, Schnoor 27, 28195 Bremen

Anmeldung unter: office@tanz.media

Audiodeskriptionen sind gesprochene Beschreibungen des Geschehens – allen voran visueller Elemente – auf Bühnen oder Bildschirmen. Insbesondere im Tanz ist diese live Deskription eine Möglichkeit, Projekte für blinde oder sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen. Darüber hinaus kann eine Deskription die eigene choreografische Praxis neu begreifen lassen: Was soll wann wahrnehmbar sein, wie benannt werden und kann die Deskription auch ein künstlerisches Element in der Arbeit werden?

In Kooperation mit der VS-Regionalgruppe Bremen / Verband Deutscher Schriftsteller*innen wollen wir in diesem Workshop auch den besonderen Umgang mit Sprache – ihre Bedeutung, ihren Nutzen für sehbehinderte Menschen betrachten.

Ziel des Workshops ist es, Grundlagen der Audiodeskriptions-Methode und den Umgang mit dem technischen Equipment zu erlernen, sowie sich gemeinsam im Deskribieren zu üben. Der Workshop wendet sich an Choreograf*innen, Tänzer*innen sowie Interessierte aus dem Bereich Tanz, Literatur und Journalismus. Idealerweise verfügen Teilnehmer*innen dieses Workshops über gute sprachliche Fähigkeiten, sind mit Tanz, Theater und Performance im Allgemeinen vertraut und neugierig auf die improvisierte Deskription von Live-Performances in Echtzeit ohne vorgegebenes Drehbuch.

Über Audiodeskription (AD): Die AD in Tanz und Theater ermöglicht blinden und sehbehinderten Menschen den Zugang zu visuellen Elementen – Bewegung, Kostüme, Kulissen, Gesten, Mimik, Objekten und andere visuell kommunikative Elementen – einer Theater-, Tanz- oder Livekunstperformance, Fernseh-/Filmvorführung und Museumsausstellung. Dabei ist die AD in der Regel ein vorab anhand von Aufführungen und einer Aufzeichnung des zu beschreibenden Stückes erstellter Text, der von einer*m professionellen Audiodeskribierer*in live eingesprochen und durch ein drahtloses Headset-System an Gäste mit Sehbehinderungen übertragen wird. Der Dienst kann auf Wunsch auch vorab aufgezeichnet werden, was aber eher ungünstig ist, weil dann live nicht mehr auf das Stück eingegangen werden kann.

Workshopinhalte/Lerninhalte:
­­Einführung in die Audiodeskription;
Grundlagen und Regeln der Audiodeskription mit praktischen Beispielen; Vorstellen der verschiedenen Anwendungsbereiche: TV, Kino, Theater, Tanz,
Live AD etc.;
Was bedeutet es blind zu sein? Die Teilnehmer*innen bewegen sich in
Zweier-Gruppen (eine/r führt, eine/r trägt eine blickdichte Augenbinde), um
Erfahrungen damit zu machen, wie es ist, sich ohne visuelle Eindrücke, aber
mit allen anderen Sinnen zu bewegen;
Die Teilnehmenden erstellen Audiodeskriptionen anhand von
Filmausschnitten bzw. von mitgeschnittenen Tanzstücken, mit
anschließendem Feedback;
Die Teilnehmenden versuchen sich in kurzen Live-ADs zu einem Ausschnitt
eines Tanzstücks mit anschließendem Feedback;
Ausblick auf den Audiodeskriptions-Markt

Bei dem Workshop in Bremen wollen wir folgendermaßen vorgehen:

Freitag ab 13 Uhr: Vorstellung und Einführung in die Audiodeskription durch Bernd Hettlage und Melanie Hambrecht;
ab 16 Uhr: Einführung in die Choreografien von „Songs of Love and Bones“ von Helge Letonja,
sowie „Begreifen“ von Kossi Sébastien Aholou-Wokawui,  anschließend Tastführung und Besuch der Live-Tanz-Aufführung beider Stücke in der Schwankhalle Bremen.
Samstag: Blindenführung für alle Teilnehmenden, dann  praktische AD-Arbeit an Videoaufzeichnungen des Tanzabends von Freitag, sowie einem anderen Stück.
Sonntag: praktische Weiterarbeit an AD und Ausblick.

 

Über Bernd Hettlage

Bernd Hettlage wurde in Karlsruhe geboren und wuchs im Nordschwarzwald auf. Er lebt mit seiner Familie in Berlin und ist als Filmbeschreiber und Schriftsteller tätig. Zuvor betätigte sich Hettlage über 15 Jahre lang als Journalist und Redakteur bei Tageszeitungen und Magazinen. Seit 2013 ist er Verfasser, Redakteur und Tonregisseur von Filmbeschreibungen für Kino, Fernsehen und Filmfestivals. Als Schriftsteller veröffentlichte er bislang vier Romane und einen Erzählband sowie Kurzgeschichten in Anthologien und Zeitschriften. Zuletzt erschien im März 2022 im Gmeiner Verlag der Kriminalroman „Berlinopoly“.

Über Melanie Hambrecht

Im Bereich Audiodeskriptionen ist Melanie Hambrecht seit 2016 tätig. Zu Beginn hatte sie als blinde Prüfperson Abnahmen von Audiodeskriptionen anderer Autoren für das ZDF durchgeführt. Sie merkte schnell, dass sie selbst kreativ werden, und an Stelle ihres Jobs als Fremdsprachenassistentin am Max-Planck-Institut im Büro, zukünftig viel lieber an inklusiven Kulturangeboten mitwirken wollte. Sie nutzte die Corona-Zeit um sich bei Anke Nicolai und Bernd Benecke fortzubilden. Jetzt arbeitet sie zu 50 Prozent als Schriftdolmetscherin für überwiegend hörgeschädigte Menschen und zur anderen Hälfte als Autorin für Audiodeskription im Assistenzmodel. Das bedeutet, sie schreibt Audiodeskriptionen zu Filmen, Dokumentationen, Musiktheatern selbst, im Team, mit einer sehenden Person, als Assistenz. In ihrer Freizeit startet sie gerade einen Podcast über die Erlebnisse, als nicht sehende, Abenteuer liebende Träumerin, alleine in einen Camper zu ziehen. Als seit Geburt blinde Schülerin hat sie lange integriert Regelschulen besucht und ist jetzt selbst überwiegend für Kunden mit Behinderungen tätig. Ihre Erfahrungen teilt sie immer sehr gerne in lebendigen Workshops zu den Themen Inklusion, Sensibilisierung, Blindheit, mit vielen Interaktions- und Selbsterfahrungsanteilen.

Über “OCN” und Helge Letonja

HELGE LETONJA

Choreograf und künstlerischer Leiter von steptext dance project und der Tanzkompanie Of Curious Nature (OCN), hat mehr als 50 weltweit präsentierte Tanzwerke geschaffen, oft realisiert in interdisziplinärer und transkultureller Kollaborationen. In seinen jüngsten Arbeiten mit OCN investiert er in somatische Bewegungsforschung und vertieft so die künstlerischen Ausdrucksformen seines Ensembles, um die Komplexität des heutigen Menschen zu zeichnen. Dabei lassen sich seine Arbeiten als Kaleidoskop visueller Assoziationen in organischen Bühnenlandschaften bis hin zu Choreografien, die sich ganz dem Dialog zwischen Tanz und Musik widmen, einordnen.

Als Festivalleiter und versierter Projektinitiator, sowie als Vorstandsmitglied des Dachverband Tanz Deutschland engagiert sich Letonja in vielfältigen institutionellen und künstlerischen Kooperationen für die regionale wie internationale Entwicklung, Vernetzung und Vermittlung der Tanzkunst.

 

OF CURIOUS NATURE (OCN)
Die Kompanie Of Curious Nature vereint professionelle Tänzer*innen aus aller Welt im Nordwesten Deutschlands. Die Kompanie hat sich eine vielseitige künstlerische Identität erarbeitet, die sich ganz dem zeitgenössischen Tanz verschreibt. Die facettenreiche Bewegungssprache der Kompanie ist der kulturellen Gegenwart verpflichtet und bewegt sich dabei zwischen feinsinniger Innerlichkeit und aufrüttelnder Energie. Den aktuellen Impulsen des Lebens abgeschaut, bietet sie einem heterogenen Publikum abwechslungsreiche, manchmal überraschende, immer glaubwürdige Anknüpfungspunkte zur heutigen Welt. Seit 2019 ist Helge Letonja Künstlerische Leiter des Ensembles.

Unterstützt durch DIEHL+RITTER/TANZPAKT RECONNECT, gefördert von der Beauftragten
der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen der Initiative NEUSTART KULTUR.
Hilfsprogramm Tanz